6. Zusammenfassende Erkenntnisse und Anregungen für weitere Schritte

6.1. Einschätzung des Status quo

Die Welt steht vor großen politischen, ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Krieg, Pandemie, Ressourcenerschöpfung, Umweltauswirkungen wie globale Erwärmung, steigender Meeresspiegel, Hungersnöte sowie erdrückende Schuldenstände, dysfunktionale nationale Regierungen und der expansive Kurs der industriellen Zivilisation kollidieren mit nicht verhandelbaren natürlichen Grenzen. Mit der zunehmenden Bedeutung von Nachhaltigkeit steigt das öffentliche Interesse an den sozialen und ökologischen Auswirkungen unternehmerischen Handelns – Firmen müssen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Wirtschaftspolitik wird zunehmend unverzichtbar.

Globale technologische Entwicklungen eröffnen ein industrielles Zeitalter neuer digitaler Geschäftsmodelle. Dinge, die mit stetig wachsender Intelligenz ausgestattet sind, handeln zunehmend eigenständig in einem definierten Rahmen als Nutzer in digitalen plattformbasierten Ökosystemen. Diese verkörperte Intelligenz als Nutzer von Plattformökonomien gilt als künftiger Wachstumstreiber und somit als Garant für nachhaltigen Wohlstand. In Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft fehlt das Bewusstsein dafür, dass die deutsche Industrie den Anschluss an weltweit führende Plattformökonomien verloren hat. Es mangelt an einem gemeinsamen Zielbild für die Welt von morgen. Unternehmen aus den USA und Asien (Google, Facebook, Amazon, Microsoft, Alibaba oder Tencent) dominieren die Plattformökonomie. Sie sind gut positioniert, auch die nächste Transformation anzuführen.

Die digitale Transformation erfasst alle Bereiche der Wirtschaft und Gesellschaft und verändert das Leben grundlegend. Abläufe werden schneller und einfacher, Innovationen schaffen neue Jobs und bringen Verbesserungen, etwa im Automobilsektor. Auf der anderen Seite schürt die digitale Welt auch Ängste: Jobunsicherheit und eine dominierende künstliche Intelligenz bereiten vielen Menschen Sorgen. Die mangelnde Transparenz von Entscheidungen, die mit Unterstützung oder durch ausschließliche Anwendung von künstlicher Intelligenz getroffen werden, sorgt für zusätzliche Verunsicherung.

Damit in Beziehung steht der Wunsch der Menschen nach Sicherheit und Transparenz. Sie wollen die Kontrolle über ihr Leben behalten. Menschen möchten eigenständig entscheiden und aus eigener Kraft überlebensfähig sein. Die Politik muss also klare Voraussetzungen für die digitale Transformation schaffen und dafür einstehen, dass die Wirtschaft – vom Start-up bis zum Großunternehmen – diese nutzbringend einsetzt. Selbstbestimmung tritt in den Mittelpunkt, um unerfüllte Bedürfnisse des Einzelnen als Nutzer und als Bürgerin und Bürger in der politisch organisierten Gemeinschaft zu erfüllen. Parallel dazu muss auch eine breite Akzeptanz im Umgang und in der Nutzung von EI-Systemen in der Bevölkerung entstehen.

Der „Digital Transformation Index“ von Dell vergleicht den digitalen Reifegrad von 18 Ländern. Deutschland landet hier mit 56 von 100 Punkten im Mittelfeld. Ein Grund für das eher mittelmäßige Abschneiden: In der Bundesrepublik gibt es laut Dell noch einen hohen Anteil an Unternehmen, die zu den sogenannten „Digital Evaluators“ gehören. Das sind Firmen, die sich nur graduell mit der digitalen Transformation beschäftigen. In anderen Ländern wie den USA, China, Mexiko und Brasilien finden sich dagegen mehr Unternehmen mit gereiften Digitalstrategien. Sie gelten als „Digital Adopters“.1 Ein weiterer Bericht, der „Digital Riser Report“, betrachtet die digitale Wettbewerbsfähigkeit von 140 Ländern. Nicht im Mittelfeld, sondern fast ganz am Schluss landet die Bundesrepublik bei der Betrachtung der G20-Länder. In Führung liegen hier China, Saudi-Arabien, Brasilien und Argentinien.2

6.2. Anmerkungen und Kommentare aus den Befragungen und Diskussionen

Im Folgenden werden Äußerungen und Kommentare aus den zahlreichen Interviews sinngemäß wiedergegeben, die im Rahmen dieser Untersuchung mit unterschiedlichen Experten aus Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft sowie mit Entscheidern insbesondere aus dem politischen Umfeld stattfanden. Neben semistrukturierten und dialogbasierten Interviews gab es auch eine Befragung mithilfe eines Online-Fragebogens.

Aktuell investieren viel zu wenige Konzerne oder wohlhabende Investoren in neue Technologien und es gibt einen Mangel an Risikokapital. Eine Investition in die etablierten Unternehmen ist hierbei nicht zielführend, da es nicht den „einen besten“ Weg zum Erfolg in der Digitalisierung gibt. Der Fokus sollte darauf liegen, herausragende Talente durch junge und innovative Unternehmen anzuziehen, viel Risikokapital in das System zu pumpen und damit attraktive unternehmerische Bedingungen zu schaffen.

Innovationen benötigen Talent und Geld. Oft wird in diesem Zusammenhang auch eine Vereinfachung der Finanzierungsprozesse und der Antragskomplexität gefordert, da aktuelle Förderprojekte zu kompliziert sind und Start-ups nicht ausreichend unterstützen. Hier wären Finanzierungen wie bei einer DARPA-Challenge3 und die Nutzung von Risikokapital, das in Start-ups/Universitäts-Spin-offs investiert werden sollte, geeigneter, um die Entwicklung der Plattformökonomie zu beschleunigen. Neue Märkte und Domänen entstehen vor allem im Start-up-Sektor. Start-ups sind die Zukunft der deutschen Volkswirtschaft, deshalb zählt es zu den wichtigsten Aufgaben, die Hebel, Handlungspfade und Gefahren zu identifizieren. Das Grundverständnis, dass etwas geschehen muss, ist in Teilen vorhanden. Doch um diese Ausgangsituation zu nutzen, müssen die Akteure wissen, wie sie handeln sollen. Allerdings mangelt es oft schon an einem Plan, einer Strategie oder zumindest einem Zielbild.

Deutschland und die EU hinken hinterher
Einige erkennen zwar die wegweisende Form der Skalierbarkeit als Zugang zu neuen Nutzern und Märkten und in Zukunft auch EI-Systemen. In der EU haben viele die Plattformökonomie aber noch nicht vollständig verstanden, zudem ist kein großer Technologieanbieter, kein digital transformiertes, etabliertes Unternehmen als zukünftiger Marktführer in Sicht. Im Vergleich zu den USA weisen Firmen in der EU meist ein „Sanierungsprofil“ auf.

Zumindest gibt es den Versuch deutscher Unternehmen, branchenunabhängige, globale Plattformen zu etablieren, weil die vielen Anbieter (außer den Big-Data-Players) dies nicht alleine stemmen können. Aber die EU besitzt keinen übergeordneten Mechanismus, der es erlaubt, solche Plattformen zu skalieren, wie es zum Beispiel in China oder in den USA geschieht. Beide haben staatlich regulierte Volkswirtschaften, aber mit unterschiedlichem Charakter und entsprechend anderen Spielräumen. Insbesondere in China dominiert die staatlich regulierte Wirtschaftstransformation.

Hyperscaler sind Weltmeister bei der Wertgenerierung, DAX-Unternehmen dagegen gelten als Weltmeister bei der Dividendengenerierung, die man aber nicht mehr reinvestieren kann. Wer Hyperscaler sagt, hat Cloud-Themen im Blick, beispielsweise den App Store bei Apple. Wir brauchen Wertschöpfungsketten und Plattformökonomien wie bei den Hyperscalern – nur eben für die produzierende Industrie. Dabei sollte das Wissen über die Fertigung in Plattformen einfließen, die das produzierende Gewerbe für die Herstellung von Konsumgütern einsetzt.

Oft wollen Firmenlenker die etablierten Organisationsstrukturen nicht ändern, sondern nur effizienter und schneller machen. Das allerdings bringt das Unternehmen keinen Schritt weiter.

Aufzubauende Stärken, Chancen, Schwächen und Bedrohungen
Abbildung 1: Aufzubauende Stärken, Chancen, Schwächen und Bedrohungen gemäß den Aussagen der in der vorliegenden Untersuchung befragten Experten und Entscheider

Der Tesla-Effekt
Teslas hohe Bewertung an der Wall Street kommt zum Beispiel daher, dass die Firma nicht nur als Automobilbauer, sondern überwiegend als Softwareunternehmen bewertet wird. So entstehen neue Märkte, in denen ein Softwarehersteller Autos oder andere physische Dinge produziert. Jedes Unternehmen sollte sich fragen, ob sich bei ihm die Möglichkeit eines Tesla-Effekts eröffnet. Dass Elon Musk den Sprung in völlig neue Industrien (Automobilbau, Weltraumfahrt) geschafft hat, übt große Faszination aus – und stellt ein Warnsignal für andere Unternehmen dar! In Kalifornien besitzen mittlerweile acht Firmen die Lizenz, ihre Autos autonom fahren zu lassen. Der Erfolg des traditionellen Autogeschäfts und auch die mangelnde Kompetenz der Führungsebenen bei der Digitalisierung bremsen dagegen disruptive Innovationen.

Die Nutzererfahrung spielt eine viel wichtigere Rolle als die ursprüngliche Technologie von Autos. Diese Entwicklung wird auch vom demografischen Wandel angeschoben. So erlangt zukünftig nicht der Hardware Procurement Manager traditioneller Produkte mit einer Vielzahl softwaregetriebener Features eine entscheidende Bedeutung, sondern der Customer Experience Manager. Es entstehen neue intelligente digitale Agenten und User Interfaces, die einen disruptiven Wandel einläuten und so das komplette Kundenverhalten verändern. Die Technologien dafür existieren bereits, konnten aber noch nicht den Massenmarkt erobern. Zu den Beispielen zählen Natural Language Interfaces oder Chatbots, die richtig sprechen können. IBM schien auf diesen Gebieten vor Jahrzehnten fast uneinholbar voraus, wurde jedoch von neuen Paradigmen und aufstrebenden Unternehmen überholt. Apple war vor dem iPhone und dessen innovativer, intuitiver Bedienoberfläche schon fast am Boden. Firmen tun sich allerdings schwer mit dem Erkennen ihres Tesla- oder Innovationseffekts.

Dagegen wird Amazon sein geistiges Eigentum in Form der Vermarktungs- und Plattformsoftware nie verkaufen – genauso wenig wie Tesla sein Betriebssystem oder die Software. Dabei scheitern konventionelle Autobauer häufig schon an einer flexiblen und komfortablen Konfiguration von Extras im Auto mit Losgröße 1. Firmen brauchen Unterstützung bei der Definition des neuen Geschäftsmodells. Zudem benötigen sie später Hilfe bei dessen Umsetzung sowie bei der Vermeidung redundanter Entwicklungen. Solche neuen Out-of-the-Box-Ideen entstehen meistens in interdisziplinären Teams.

Keine Frage: Künstliche Intelligenz und digitale Technologien treiben die Wirtschaft voran. Die Menschheit steht vor einem disruptiven Jahrzehnt, das neue Apples und Googles hervorbringt. Die Veränderung der Energiewirtschaft birgt aufgrund ihrer Bedeutung, ihres Volumens und mit ihrer zunehmenden Dezentralisierung von (Mikro-)Kraftwerken ebenfalls enormes wirtschaftliches Potenzial. Es findet ein riesiger Umbruch in der Energiewirtschaft statt, die ein viel größeres Geschäftsvolumen als die Big Data Players hat, eventuell findet sogar ein Wechsel hin zu Wasserstoff statt. Es wird zukünftig eine öffentliche zentrale Energieversorgung und eine dezentrale private Energieversorgung geben.

Die Immobilienwirtschaft ist der wertdominante Faktor schlechthin – 70 Prozent des Weltvermögens stecken in Immobilien. Dort gibt es einen gewaltigen Erneuerungsbedarf in vielen Städten, die an Küsten und Flüssen liegen, weil diese besonders unter dem Klimawandel leiden. In diesem Zusammenhang bedarf es auch neuer Produktions- und Herstellungsverfahren, die den CO2-Ausstoß beispielsweise bei der Zementherstellung minimieren.

Bildung, Wissenschaft und Forschung
Um Expertenwissen langfristig und nachhaltig zu sichern, rücken die Handlungsfelder Bildung, Forschung und Wissenschaft in den Fokus. Unser Bildungssystem passt noch nicht zu den neuen Gegebenheiten. So spiegelt fast der gesamte heutige Lehrstoff nicht die Bedürfnisse der Zukunft wider. Der massive Einsatz von plattformbasierten Lösungen und EI verlangt vom Arbeitnehmer der Zukunft ein komplett neues Anforderungsprofil. Dieses Profil zeichnet sich besonders dadurch aus, dass es nicht länger auf Fachexperten setzen kann. Deshalb braucht unsere Gesellschaft Generalisten, die über alle Bereiche hinweg agieren können.

Wissenschaft und Forschung benötigen für diese Themen eine Strategie – die deutsche Leitindustrie sollte dabei eine Vorreiterrolle einnehmen. Der Automobilbau schiebt Technologien und Entwicklungen an, macht diese nutzbar und aufgrund von Skalierbarkeit auch bezahlbar. Auf den europäischen Wirtschaftraum kommt zudem mittelfristig ein Umbau der Energie- und Kommunikationsinfrastrukturen sowie der Transportkonzepte zu.

Im wissenschaftlichen Bereich muss bei den Software-Engineering-Methoden für EI-Systeme mehr geschehen. Noch ist zu wenig darüber bekannt, wie derartige Systeme in Zukunft gebaut, überprüft und gewartet werden. In diesem Zusammenhang spielt auch deren Zertifizierung eine wichtige Rolle – vor allem dann, wenn die Systeme eigenständig handeln, selbstständig lernen und dadurch das Verhalten verändern. Zudem gewinnt die Interaktion mit Menschen zunehmend an Bedeutung. Für diese Themen ist die Softwaretechnik Dreh- und Angelpunkt. Aktionen und Handlungen von EI-Systemen sollten für Menschen verständlich und nachvollziehbar sein, genauso wie die Bedürfnisse und Wünsche der Individuen präzise interpretiert und verarbeitet werden müssen. Hier muss dringend die rechtliche Verantwortung bei Fehlern geklärt werden. Eine gute und nachvollziehbare Datenabstammung zählt ebenfalls zu den wichtigen Voraussetzungen bei der Entwicklung von EI-Systemen. Es gibt viele verteilte Kompetenzen in den Forschungsgruppen, aber der Wille zur Veränderung dringt von unten durch. Deshalb dauert es eine Weile, bis sich neue Dinge durchsetzen.

Die Erforschung von technischen Möglichkeiten zur Umsetzung von Ethik, Moral und Haftung sowie deren Entwicklung und Umsetzung erfordert einen hohen Grad an Interdisziplinarität. Nicht unter den Tisch fallen dürfen die gesellschaftlichen und sozialen Implikationen, die mit der Einführung hochintegrierter, autonomer und in Teilen auch autarker EI-Systeme entstehen. Sie benötigen genauere Untersuchungen.

Hierfür steht eine breite und gute Forschungsinfrastruktur mit vielen unterschiedlichen Bereichen zur Verfügung, deren kooperatives Zusammenwirken noch verbessert werden kann, um den Herausforderungen zu begegnen. Hier stellen besonders die verkrusteten Förder- und Forschungsstrukturen Hindernisse dar. Noch sind die Forschungs- und Förderstrukturen zu techniklastig, das Potenzial nutzengetriebener Entwicklungen ist noch nicht ausgeschöpft. Teilweise kann hier eine leistungsorientierte Forschungslandschaft dabei helfen, den Transfer von Forschungsergebnissen in die Industrie zu fördern.

Unabhängig von den Interviewfragen zeichnet sich auch bei den Kommentaren und Aussagen der befragten Experten eine Veränderung ab, aber ein langfristiges Ziel ergibt sich daraus nicht. Eine zentrale Erkenntnis der hier vorliegenden U­­ntersuchung ist, dass in Deutschland der Transformationsprozess in den letzten sechs Jahren keine nennenswerten Fortschritte gemacht hat, wie die Reifegradauswertung in Abbildung 2 zeigt. Es mangelt an Aufbruchsstimmung und Zukunftslust, es dominiert Erhalt und Verwaltung des Status quo.

Entwicklungsvergleich der letzten sechs Jahre zur Digitalen Transformation
Abbildung 2: Auswertung zur Veränderung des Fortschrittes zwischen 2016 und 2022 in Deutschland bei den wesentlichen Kernelementen: Geschäftsmodell, Unternehmensorganisation und Technologie

Vor dem Hintergrund des vorgestellten Themenkomplexes und auf Basis der Interviewergebnisse folgen nun einige grundlegende Handlungsempfehlungen. Der Abschnitt beginnt mit einem Blick auf die Ausgangssituation und die wesentlichen Herausforderungen der Gesellschaft, die unter anderen Voraussetzungen auch die Bereiche Wirtschaft, Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie die Politik betreffen.

6.3. Empfehlungen für Politik, Wirtschaft sowie Bildung, Wissenschaft und Forschung

Die Handlungsempfehlungen, die im direkten Zusammenhang mit EI und Plattformökonomie stehen, beziehen sich auf den Zeithorizont dieser Untersuchung. Die Verfasser sehen in der beschleunigten Urbanisierung, der Migration, dem demografischen Wandel, dem Streben nach Unabhängigkeit von der Energie- und in Teilen auch der Wasser- und Lebensmittelversorgung, dem Klimawandel und in der Dysfunktionalität von Regierungen die wichtigsten Handlungsfelder bis 2035. Diese lassen sich durch verkörperte Intelligenz und Plattformökonomie besonders gut beeinflussen (siehe Abbildung 3).

Handlungsempfehlungen
Abbildung 3: Handlungsfelder für Politik, Wirtschaft sowie Bildung und Wissenschaft

6.3.1. Empfehlungen an die Politik 

Die Politik kann den Wandel hin zu einer zukunftsfähigen Wirtschaftsarchitektur mithilfe von Regulierung, öffentlicher Einkaufspolitik, einer Bündelung aller Kräfte und den Ausbau der Infrastruktur unterstützen. Eine Grundvoraussetzung ist ein effizientes funktionierendes Staatswesen. Für die vor uns liegenden gesellschaftlich schwierigen Transformationsaufgaben ist nicht nur massive politische Unterstützung, sondern auch eine gewisse staatliche Vorbildwirkung nötig. Die Modernisierung des Staates muss politisch und organisatorisch verantwortungsbewusst vorangetrieben werden und sich an plattformökonomischen Prinzipien orientieren.

Kampagnen zum Aufbruch in ein neues Technologiezeitalter starten
Die Harmonisierung von Ökologie und Ökonomie durch Verschmelzung eigenständiger Intelligenzen mit hochintegrierten Dingen als potenziellen Nutzern von Plattformökonomien stellt eine einmalige Chance für nachhaltigen Wohlstand dar. Das schlägt sich in einer Minimierung sowohl der Funktionskosten als auch der Transaktionskosten nieder.

Die Autorinnen und Autoren empfehlen den Aufbruch von Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zu initiieren. Die Bildung segmentübergreifender Allianzen mit Meinungsbildnern und Multiplikatoren aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft spielt dabei eine wesentliche Rolle.

Die schon einige Zeit andauernde Transformationsphase, also der Aufbau neuer Infrastrukturen (Transport, Energie, Kommunikation, Medizin, Landwirtschaft etc.), sollte durch die Politik maßgeblich gesteuert werden. Die Rolle der Wirtschaftspolitik und des Staates in der Bereitstellung von virtuellen und physikalischen Infrastrukturen hat heute eine deutlich stärkere Bedeutung als vor 100 Jahren. Auch unterscheiden sich die heutigen Herausforderungen an Infrastrukturinvestitionen wie Digitalisierung und Dekarbonisierung grundlegend. Es bedarf einer Strategie für den Aufbau von Infrastrukturen in der Art eines staatlichen „Bebauungsplanes“ welcher langfristig (bis 2035) auf Anforderungen von Menschen und Maschinen mit verkörperter Intelligenz ausgerichtet wird. Alle Indikatoren deuten darauf hin, dass der Effekt dieser Transformation zunächst die städtischen Infrastrukturen nachhaltig verändern wird. Durch die enorme Anzahl potenzieller Nutzer ist mit einer entsprechend großen Nachfrage zu rechnen, die wiederum Investitionen in die Infrastruktur attraktiv macht.

Die Autorinnen und Autoren sehen zudem erste Anzeichen für eine Umkehr der Wertschöpfungsketten hin zu mehr Wertschöpfung beim Endkonsumenten. Das erfasst alle Lebensbereiche – von der Energieerzeugung bis hin zur Produktion. Die neuen Infrastrukturen werden anfänglich wenig profitabel sein. Deshalb steht der Staat in der zentralen Verantwortung und sollte die eigene Rolle im Sinne der Daseinsvorsorge für den Aufbau und den anfänglichen Betrieb der Infrastrukturen überdenken.

Die Verwaltung digitalisieren
Die Digitalisierung der Verwaltung kommt in Deutschland nur schleppend voran. Die digitale Transformation muss einen Kulturwandel in der Verwaltung forcieren sowie Agilität und Flexibilität in der Politik stärker auf- und ausbauen – und zwar unabhängig von bestehenden Strukturen und Zuständigkeiten. Es ist wichtig, dass die Verwaltung moderner und effektiver arbeitet. Die Bereitschaft, Prozesse vom Ziel her disruptiv zu denken und nicht nur analoge Prozesse digital umzuwandeln, schafft eine schlankere Verwaltung. Diese kann sich in der Folge auf die wesentlichen Inhalte konzentrieren, anstatt sich in der Komplexität von Formalien zu verzetteln.

Die Autorinnen und Autoren empfehlen, die Veränderungsbereitschaft der Verwaltung konsequenter einzufordern und umzusetzen. Deutschland braucht mehr innovative Talente im öffentlichen Dienst auf allen Ebenen, um in die „Digitalgeneration“ hineinzuwachsen. Nicht nur der Bund, sondern auch die Länder sollten ihre Rolle als Treiber für die Anwendung plattformökonomischer Prinzipien und Herausforderer für den Einsatz von auf Embodied Intelligence gerichteten Lösungen an- und wahrnehmen. Die Politik muss die Industrie ständig mit dem Bedarf an neuen Technologien konfrontieren. Das sollte nicht nur durch eigene innovative staatliche Lösungen, sondern auch durch das Ausschreiben von Wettbewerben, die Verleihung von Preisen und die Belohnung für das Erreichen langfristiger Ziele geschehen. Solche Wettbewerbe fördern die Kooperation zwischen Großunternehmen, KMU und wissenschaftlichen Institutionen, was die Bildung besonders produktiver Cluster unterstützt.

Große europäische Förderprojekte als Blaupause für eine europäische Plattformökonomie nutzen
Hyperscaler und erste hochtechnisierte Industrien haben das Rennen um die globale Marktführerschaft der Embodied Intelligence in Produkten und Produktionsprozessen erkannt und mit der Umsetzung begonnen. Sie konzentrieren sich kompromisslos auf Plattformökonomie und genießen dadurch hohes Investorenvertrauen. Europa muss seine strategischen Fähigkeiten und Kompetenzen zu einem großen Ganzen zusammenführen, um den Anschluss an den globalen Wettbewerb nicht zu verlieren.  

Die Autorinnen und Autoren empfehlen, einen grundlegenden europäischen Ansatz zu verfolgen, aber auch kritisch zu hinterfragen und zu bewerten. Virtuelle Infrastrukturen benötigen ein klares Ziel und eine langfristige Vision, die auch die hoheitlichen Aufgaben hinsichtlich einer digitalisierten Verwaltung beinhaltet. Der Aufbau der virtuellen Infrastruktur für ein führendes Plattformökosystem könnte von einer europäischen Betreibergesellschaft auf Basis der überarbeiteten Prinzipien erfolgen. Beispiele dafür sind etwa der Ansatz von Gaia-X- oder das 6G-Flagship-Programm. Dafür ist eine klare Zielsetzung und Vision zu etablieren, die nicht nur versucht, bestehende Infrastrukturen und Industrien zu digitalisieren, sondern die vielmehr in die Zukunft weist und eine Basis für die Plattformökonomie darstellt. Dadurch könnte sich Europa mit einer eigenen Plattform von der übermäßigen Abhängigkeit der vorhandenen Hyperscaler entkoppeln.

6.3.2. Empfehlungen an die Wirtschaft

Im aktuellen Umfeld großer und stetig wachsender digitaler Unternehmen wie Google, Amazon oder Apple auf der einen und dem wachsenden Ökosystem von Start-ups auf der anderen Seite sollten die Firmen und ihre Führungskräfte jedoch ihren eigenen Weg einschlagen. Der disruptive Wandel stellt die Wirtschaft vor große Herausforderungen. Das Hauptproblem ist, die Notwendigkeit dieses Wandels zu erkennen. Viele Betriebe verschließen aber noch die Augen davor, und die Verantwortlichen in deutschen Unternehmen begreifen die Funktionsweise plattformökonomischer Systeme noch nicht. Hierbei handelt es sich um nutzerbasierte und meist indirekte Geschäftsspielarten. Es wird zu wenig in diese neuen Formen der Profitabilität investiert. Dagegen helfen nur Aufklärung und Wissensbildung. Zudem ist es notwendig, dass die Akteure in allen Unternehmensbereichen (auch in ihrer Struktur) wirken können. Andernfalls wird das Bestreben des Wandels an den konventionellen Denkweisen, die in klassischen Unternehmen vorherrschen, scheitern.  

Etablierte Märkte verschwinden und komplett neue übernehmen deren Funktion. Firmen sollten mehr Mut zur Veränderung hin zu neuen Märkten und Kunden aufbringen, und zwar insbesondere auch Endkundenmärkte adressieren. Das Hinterfragen des eigenen Standpunkts ist eine schwierige Aufgabe in den immer noch stark hierarchischen Strukturen deutscher Unternehmen. Das gesamte Wissen einer Firma sollte transparent gemacht werden. Führungskräfte können ihren Mitarbeitern Vorbild sein und sie ermutigen, ihre Ideen einzubringen und diese dann auch couragiert umzusetzen. Deutschland braucht eine Kultur des Mutes und der Verantwortung. 

Unternehmensspezifische Transformationsstrategie in Angriff nehmen
Die globale Pandemie hat den Bedarf für eine Transformationsstrategie beschleunigt, da die Märkte immer disruptiver werden und schnelle Entscheidungen auf der Grundlage strukturierter, zukunftsorientierter Analysen erfordern. Die verantwortlichen Manager müssen jetzt handeln und ihre unternehmensspezifische Transformationsstrategie in Angriff nehmen. Ein Teil des Problems mit dem Begriff „Digitale Transformation“ besteht darin, dass sich jeder etwas anderes darunter vorstellt. Führungskräfte glauben oft, dass die digitale Transformation mit der Technologie beginnt, während die Gründe dafür erst später diskutiert werden. Dieser Ansatz geht die Probleme in der falschen Reihenfolge an. Für eine erfolgreiche digitale Transformation ist es unabdingbar, zunächst die geschäftsfähigen und zukunftsrelevanten Nutzerbedürfnisse und Ziele zu identifizieren und auf dieser Basis eine Strategie zu entwickeln. Bei einer digitalen Transformationsstrategie handelt es sich um einen detaillierten, breit angelegten Plan, der darlegt, wie ein Unternehmen die bedeutenden Herausforderungen, die durch die Verschmelzung der physischen, digitalen und menschlichen Welt entstehen, bewältigen kann. Die Entwicklung eines Fahrplans für die kurz-, mittel- und langfristige digitale Transformation, der sich an den geschäftlichen Gegebenheiten und nicht an der Technologie orientiert, bildet die wichtigste Grundlage.

Die Autorinnen und Autoren empfehlen daher, die Herausforderungen der digitalen Transformation anzunehmen. Das gelingt durch die Schulung der Mitarbeiter und Führungskräfte im Umgang mit dem Wandel. Das Ziel besteht darin, eine neue Kultur zu etablieren, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Das Verständnis für den Wandel und die im Unternehmen entwickelte Transformationsstrategie müssen alle Beteiligten verinnerlichen. Voraussetzung dafür ist ein strukturierter Strategieprozess und eine nachhaltige Kommunikationsstrategie nach innen und außen. Zu den Kernelementen zählen das Verständnis der Plattformökonomie und mögliche geschäftliche Implikationen der Embodied Intelligence.  

Stärkere Nutzerfokussierung fördert Endkunden-Zentriertheit und komplett neue Zielsysteme
Unternehmen müssen neue Zielsysteme entwickeln. Als Schlüsselelement bei der Entscheidungsfindung in der Welt der Cloud (Software as a Service oder Serviceprovider) gilt die Datenanalyse. Für Firmen zählt es zum Pflichtprogramm, grundlegende Prozesse zu implementieren, um angemessene KPIs regelmäßig verwalten und überwachen zu können.  

Beispielhaft folgen hier vier KPIs4, die jeder künftig erfolgreiche Unternehmer kennen sollte – egal, ob es sich um einen Serviceprovider, einen Systemintegrator, der auf Cloud-Services umsteigt, oder einen etablierten Hosting-Anbieter handelt. Diese KPIs unterscheiden sich insbesondere im Zielsystem und sind nutzerzentriert: 

  • E-Commerce-KPIs: Lebenslanger Kundenwert (CLV), Prozentsatz der Wiederholungskäufe, Anzahl von Käufern pro Monat
  • SaaS-KPIs: Kundenbindung, Interaktionen mit Kunden, Anzahl der bezahlten Nutzer 
  • Media-KPIs: Gestreamte Stunden insgesamt, durchschnittlicher Umsatz pro User (ARPU), verwendete Zeit zum Zuhören 
  • Tech-KPIs: Anzahl der durchgeführten Aktionen pro Nutzer, täglich aktive User (DAUs), monatlich aktive Nutzer (MAUs) 

Die Autorinnen und Autoren empfehlen, dass der Nutzer als Akteur in einem plattformbasierten Ökosystem stärker in den Vordergrund rückt. Es sollten seine Bedürfnisse und Wünsche in den Mittelpunkt gestellt und in der weiteren Nutzerbeziehung angepasst werden. Hierfür müssen alte Zielvorstellungen und -systeme komplett überarbeitet und KPIs neu ausgerichtet werden. 

Neue Infrastrukturen als dritte Welle der volkswirtschaftlichen Transformation bieten neue Geschäftsmöglichkeiten
Der Infrastrukturumbau adressiert in erster Linie städtische Funktionen. Hierzu gehören Transport, Elektrizitätsproduktion, neue IKT sowie neue Materialien und Produktionsverfahren. Vorrichtungen zur Erzeugung von Solar-, Wind- und Wasserkraft in den Städten reduzieren die Bedeutung weit entfernter Kraftwerke und deren Anbindung über Stromnetze. Der Abbau von Kohle, Öl und Gas und die damit verbundenen langen Transportwege werden minimiert. Städte verbrauchen somit bei ihrem Wachstum weniger Fläche im Umland und gewinnen mehr Autarkie.  

Die Autorinnen und Autoren empfehlen von den Pionieren zu lernen. Tesla wird gerne als Elektroautohersteller verstanden, sieht sich selbst aber als Infrastrukturanbieter. Der Konzern ist ein Energieunternehmen und tritt durch ein riesiges weltweites Netz von Ladestationen als Versorger von Elektrofahrzeugen auf. Gleichzeitig beliefert das Unternehmen Haushalte mit Energieerzeugungs- und Energiespeichertechnologien, um den Markt der Energiewirtschaft zu revolutionieren. Tesla ist aber auch einer der modernsten Telekommunikationsanbieter, der mithilfe eigener Weltraumtechnologie satellitenbasierte Kommunikationsinfrastruktur aufbaut und für den Endverbraucher und für Maschinen mit verkörperter Intelligenz entsprechende Kommunikationsdienstleistungen anbietet. Und diese neuen Maschinen mit verkörperter Intelligenz wiederum werden zunehmend selbst Infrastruktur sein und entsprechende Mobilitätsservices anbieten.

Der deutsche Mittelstand sollte das Thema neue städtische Energieinfrastrukturen in Angriff nehmen und diese mit Wasser- und Abwassertransport sowie Lösungen des 6G- beziehungsweise 7G-Mobilfunkstandards kombinieren.

6.3.3. Empfehlungen an die Bildung, Wissenschaft und Forschung

Trotz kontinuierlich gewachsener Budgets stagniert im internationalen Vergleichen die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit. Zwar liegen die großen deutschen Forschungsorganisationen mit ihren Veröffentlichungen inzwischen regelmäßig auf den vorderen Listenplätzen, und auch bei der Vergabe der Nobelpreise rücken Wissenschaftler aus Deutschland wiederholt in die engere Wahl. Dennoch marschieren andere Nationen mit ihren Wissenschaftseinrichtungen in der internationalen Wahrnehmung besonders dynamisch voran. Hierzulande bremst das System zu oft jene aus, die ein Ökosystem für disruptive Forschung, innovative Lehre und dazu passende Strukturen installieren wollen.5 Dazu zählen auch Möglichkeiten, die Ergebnisse der Forschung nachhaltig zu verwenden und weiterzuentwickeln, wobei das Konzept der Inkubatoren und Acceleratoren ein aussichtsreiches Instrument darstellt, um aus dem universitären Umfeld gezielt Ausgründungen zu unterstützen.6

Die künftigen Entwicklungen und der Trend zu EI Systemen, die immer autonomer mit den Menschen und deren Infrastrukturen interagieren, stellen die Bereiche Bildung, Wissenschaft und Forschung vor große Herausforderungen. Die Forschung muss sich auf die Grundlagen für neue Material- und Entwicklungsverfahren konzentrieren, während die Wissenschaft bestehende Technologien und Ansätze bis hin zu deren Nutzung weiterentwickelt. Die Bildung muss die nächsten Generationen auf die Herausforderungen vorbereiten. Entsprechende Handlungsfelder werden im Folgenden für die Bereiche Bildung, Wissenschaft und Forschung aufgezeigt. Diese richten sich besonders an Hochschulen, Forschungseinrichtungen sowie Lehrer und Ausbildende. Auch bereits bestehende Verbandsstrukturen, die sich sowohl mit strategischen als auch mit inhaltlichen Belangen beschäftigen, sind angesprochen. 

Eine kombinierte Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungsstrategie entwickeln
Die Strategie sollte sich am Mindset von Plattformökonomie und EI-Systemen orientieren und unterschiedliche Themenkomplexe adressieren. Generell sollte die digitale Bildung deutlich früher ansetzen. Hierbei spielt neben der Nutzung ein verantwortungsvoller und zielgerichteter Umgang mit den Werkzeugen und den Medien selbst eine wichtige Rolle, um nicht nur Medienkompetenz, sondern eine Digitalkompetenz aufzubauen und weiterzuentwickeln. Dazu gehören auch Fähigkeiten auf den Gebieten der Algorithmik, der Softwareentwicklung und der Programmierung. Außerdem ist eine Anpassung der Inhalte eng gekoppelt an die intensive Weiterbildung der Wissensvermittler sowie den Ausbau und die Weiterentwicklung der Bildungseinrichtungen und -infrastrukturen. Insgesamt muss das Bildungssystem sich darauf konzentrieren, Generalisten hervorzubringen, die in der Lage sind, unterschiedliche Gebiete zu kombinieren und auszubilden. 

In den wissenschaftlichen Bereichen und höheren Bildungsebenen gilt es, einen Zusammenhang zwischen Theorie, existierenden Lösungen und deren Anwendungsmöglichkeiten in der Praxis herzustellen. Dabei müssen die Verantwortlichen die Anwendungsorientierung, die wirtschaftlichen Verwertungsmöglichkeiten und die rechtlichen Aspekte im Auge behalten. Gerade die anwendungsorientierte Forschung sollte sich stärker auf den Nutzen konzentrieren und nicht nur technische Lösungen entwickeln, denn auch die sozialen und wirtschaftlichen Wechselwirkungen verdienen Aufmerksamkeit.

Im Zusammenhang mit EI-Systemen müssen aber auch einige Grundlagen erforscht und deren Potenzial zur Hochintegration identifiziert, verstanden und bewertet werden. Hier gibt es sowohl bei der Hardware als auch bei der Software entsprechende Forschungsbedarfe. Eine solche Strategie sollte den Transformationsprozess beinhalten, der sich an den Prinzipen der Plattformökonomie (Minimierung der Transaktionskosten) in Kombination mit EI-Systemen (Minimierung der Funktionskosten) orientiert. 

Die Autorinnen und Autoren empfehlen, eine gemeinsame Vision für die Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungsstrategie unter Berücksichtigung der genannten Punkte zu entwickeln. Bildung muss näher an den Bedarf aus Wissenschaft und Wirtschaft rücken. Die Wissensvermittler auf allen Ebenen benötigen nicht nur pädagogische und didaktische Weiterbildungen, sondern sie müssen auch im Umgang mit verfügbaren Technologien fit sein. Es ist essenziell, Interdisziplinarität zu fördern und einzufordern, sodass ein domänenübergreifendes Verständnis entsteht: Geistes-, Sozial-, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften sind mit Naturwissenschaften zu verbinden und in Zusammenhang zu stellen.

Innovation-Tanks, Reformation und Integration in Verbandsstrukturen etablieren
EI und Plattformökosysteme müssen aus wissenschaftlicher Sicht sozial, wirtschaftlich, rechtlich und technisch in interdisziplinäre Innovation-Tanks einfließen. In diesen sollten auch entsprechende Vertreter aus Gesellschaft, Wirtschaft und Politik sitzen. Innovation-Tanks unterstützen die Projektträger sowie die jeweilige Begleitforschung in der Gestaltung und Durchführung von Forschungsstrategien, -ausschreibungen und -projekten. Für die Bewertungen und Zwischenevaluierungen sollten sie Verantwortung tragen. Ergänzend hierzu müssen auf universitärer Ebene interdisziplinäre Exzellenz-Cluster wachsen, um die Anforderungen der jeweiligen Disziplin in der Breite abzubilden. Das Thema Hochintegration spielt für die Entwicklung von EI-Infrastrukturen eine zentrale Rolle, besonders die Bereiche Energie, neue Werkstoffe und Materialien sowie autonome Transportsysteme in Kombination mit Informations- und Kommunikationstechnologien.

Von Bedeutung ist, dass die wissenschaftlichen Institute und Organisationen enger mit Verbänden und Vereinen zusammenarbeiten und über Ergebnisse, Ziele und die Umsetzung informieren sowie deren Netzwerke für die Verbreitung nutzen. Dabei muss verstärkt die wirtschaftliche Anwendbarkeit und rechtliche Machbarkeit Berücksichtigung finden. Während der interdisziplinäre Charakter im Mittelpunkt steht, müssen im Vorfeld klare Anforderungen und Bewertungskriterien für die künftigen Herausforderungen bei EI-Systemen in Verbindung mit der Plattformökonomie identifiziert und von den Innovation-Tanks bewertet und priorisiert werden.

Die Autorinnen und Autoren empfehlen den Aufbau interdisziplinärer Innovation-Tanks in Kooperation mit Verbänden, die den Bund und die Länder bei Forschungsausschreibungen und deren Begleitung unterstützen und in die Bewertung leistungs- und ergebnisorientierter Forschungs- und Förderprogramme involviert sind. Innovation-Tanks sollten eine zentrale Rolle im Rahmen von aufzubauenden Exzellenz-Clustern einnehmen. Die jeweiligen Cluster adressieren die in der Untersuchung erläuterten Themenkomplexe, wie die Entwicklung und Absicherung robuster und vertrauensvoller EI-Systeme oder Materialwissenschaften mit Potenzialen zur Hochintegration.

Systemische Transfers zwischen Forschung und Wissenschaft sowie zwischen Wissenschaft und Wirtschaft einführen
Auf Entwicklungen und strukturelle Veränderungen muss der Bildungsbereich mit entsprechenden iterativen Anpassungen von technologielastigen Themengebieten bei der Umsetzung der Bildungsstrategie reagieren. Die Bildungseinrichtungen müssen frühzeitig die Voraussetzungen dafür schaffen, die richtigen Fachkräfte hervorzubringen und die erforderlichen Kompetenzen in Wirtschaft und Wissenschaft zu transferieren. Das Anwerben von Fachkräften aus dem Ausland ist keine dauerhafte Lösung, wichtiger ist eine regelmäßige Anpassung der Inhalte und Infrastrukturen für die Ausbildung. Es empfiehlt sich der Aufbau einer ergebnisoffenen Grundlagenforschung (Themen), deren Ergebnisse bewertet und priorisiert werden. Im Rahmen von wettbewerbsähnlichen Strukturen können diese von der Wissenschaft aufgenommen und weiterentwickelt werden. Virtuelle Infrastrukturen und die Ansätze der Plattformökonomie helfen bei der Veröffentlichung entsprechender Wettbewerbsprogramme, der Akquise von Investoren und bei der Vermarktung der Ergebnisse.

Inkubatoren und Acceleratoren müssen neben dem Coaching, der Prüfung von Geschäftsideen auf Marktfähigkeit und Skalierbarkeit sowie der Vernetzung mit Investorennetzwerken auch rechtliche Unterstützung anbieten sowie die sozialen oder gesellschaftlichen Auswirkungen abschätzen können. Die Etablierung einer leistungs- und ergebnisorientierten Forschungs- und Förderlandschaft mit nachhaltiger Ergebnisverwertung muss auf den Weg gebracht werden. Bei Förderprojekten ist es besonders wichtig, dass diese neben der reinen technischen Umsetzung auch die Punkte Wirtschaftlichkeit, Geschäftsmodellentwicklung, rechtliche Rahmenbedingungen und gesellschaftliche Folgenabschätzungen berücksichtigen, um eine nachhaltigere Nutzbarkeit der Ergebnisse zu erreichen. Die teilweise ungenutzten Ergebnisse aus Förderprojekten sind im Rahmen universitätsnaher Verwertungsgesellschaften und der Prinzipien der Plattformökonomie verfügbar und nutzbar zu machen. Die Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen muss hierfür gegebenenfalls eingefordert werden. Für die wirtschaftliche Nutzung von in Universitäten und Hochschulen entstandenen Patenten müssen geeignete Konzepte und Verwertungsstrategien entwickelt werden. Die Ergebnisse der Grundlagenforschung sind durch geeignete Innovation-Tanks und Inkubatoren zu bewerten und sollten in zukunftsweisenden Förderprogramme münden, die sowohl kurzfristige Ergebnisse einfordern als auch langfristige Strategien erkennbar abbilden.  

Die Autorinnen und Autoren empfehlen, dass sich die Akteure aus Wissenschaft und Forschung in Teilen auf eine leistungsorientierte Forschungsstruktur einstellen. Es gilt Verwertungs- und Transferkonzepte in interdisziplinären Konsortien zu erarbeiten und auch die gesellschaftlichen, sozialen, wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekte abzubilden. Zudem müssen gerade in den technischen Bereichen die Grundzüge von Unternehmertum und Rechtsverständnis integriert beziehungsweise die Sozial-, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften an Technologiethemen herangeführt werden. Das Konzept der Acceleratoren und Inkubatoren kann dabei zu einer interdisziplinären Verwertungs- und Transferinfrastruktur aufgebaut werden.

  1. Dell Technology: „Digital Transformation Index 2020 – Executive Summary“, Dell Inc., (2020): www.dell.com 
  2. European Center for Digital Competitiveness: „Digital Riser Report 2021“, Berlin (2021): https://digital-competitiveness.eu 
  3. DARPA – Defense Advanced Research Projects Agency: „Prize Challenges“, www.darpa.mil 
  4. Cardillo, Anthony: „How To Find Your North Star Metric (80+ Examples)“, Finmark Metrics & Reporting (2021): https://finmark.com 
  5. Baumann, Michael; Hofmann, Thomas; Sack, Norbert; Schütte, Georg: „Ein Weckruf für die deutsche Wissenschaft“, jmwiarda Online (2021): www.jmwiarda.de 
  6. Zinke, Guido et al.: „Trends in der Unterstützungslandschaft von Start-ups – Inkubatoren, Akzeleratoren und andere“, Studie im Auftrag des BMWi, Institut für Innovation und Technik in der VDI/VDE Innovation + Technik GmbH, Berlin (2018): www.bmwk.de